Richard Peter Bennett

Zusammen mit meinen sieben Geschwistern verlebte ich eine glückliche, erfüllte Kindheit. In unserer Familie wurde viel gesungen und musiziert, und wir inszenierten gerne kleine Theaterstücke. Wir wohnten in einem militärischen Gebiet in Dublin, denn mein Vater war Oberst in der irischen Armee. Als er in den Ruhestand trat, war ich neun Jahre alt.

Wir waren eine typische irische, römisch-katholische Familie. Manchmal kniete mein Vater neben seinem Bett nieder und betete andächtig. Meine Mutter redete mit Jesus, während sie nähte, Geschirr spülte oder auch mal eine Zigarette rauchte. Fast jeden Abend beteten wir – im Wohnzimmer kniend – miteinander den Rosenkranz. Keiner von uns versäumte je die sonntägliche Messe, ausser wenn jemand ernsthaft krank war. Schon als fünfoder sechsjähriger Knabe war Jesus Christus für mich eine sehr reale Person, aber das galt ebenso für Maria und die Heiligen. Es ging mir wie vielen Menschen in den traditionell römischkatholischen Ländern Europas, Südamerikas und auf den Philippinen, die Jesus zusammen mit Maria, Joseph und allen anderen Heiligen auf die gleiche Stufe setzen.

Den Katechismus bekam ich in der Jesuitenschule von Belvedere eingetrichtert, wo ich meine Grundund Sekundarschulausbildung erhielt. Wie jeder Knabe, der auf eine jesuitische Schule geht, konnte ich schon vor meinem zehnten Lebensjahr, die ‘fünf Gottesbeweise’ des Thomas von Aquin aufsagen und erklären, warum der Papst das Haupt der einen wahren Kirche sei. Das Befreien von Seelen aus dem Fegefeuer war eine ernste Angelegenheit. Wir lernten den folgenden Merksatz auswendig: „Es ist ein heiliger und heilsamer Gedanke, für die Toten zu beten, damit sie von den Sünden befreit werden.“ Was diese Worte bedeuteten, wussten wir allerdings nicht. Man lehrte uns, dass der Papst als Haupt der Kirche der wichtigste Mann auf Erden sei. Was er sagte, war Gesetz, und die Jesuiten waren seine engsten Vertrauten.

Obwohl die Messe auf Latein gelesen wurde, besuchte ich sie möglichst jeden Tag. Die tiefe, geheimnisvolleAtmosphäre, die dort herrschte, faszinierte mich. Man sagte uns, die Messe sei das wichtigste Mittel, um Gott zu gefallen. Ausserdem wurden wir dazu ermutigt, zu den Heiligen zu beten, wobei es für fast alle Lebensbereiche einen speziellen Schutzheiligen gab. Ich rief diese jedoch nur selten an, mit einer Ausnahme: Den Schutzheiligen für verlorene Gegenstände, St. Antonius, bat ich öfters um Hilfe…

Im Alter von 14 Jahren verspürte ich den Ruf, Missionar zu werden. Auf meinen damaligen Lebensstil hatte dieser Ruf jedoch keinen  Einfluss. Die Jahre zwischen meinem 16. und 18. Lebensjahr waren die schönsten und erfülltesten, die sich ein junger Mensch wünschen kann. Ich war sowohl schulisch als auch sportlich erfolgreich.

Meine Mutter musste ich öfter für medizinische Behandlungen zum Krankenhaus fahren. Während ich auf sie wartete, fand ich einmal in einem Buch die Verse aus dem Markusevangelium, Kapitel 10,29-30 zitiert: „Jesus aber antwortete und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Frau oder Kinder oder Äcker verlassen hat um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der nicht hundertfältig empfängt, jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker unter Verfolgungen, und in der zukünftigen Weltzeit ewiges Leben.“ Da ich keine Ahnung von der eigentlichen Botschaft des Heils hatte, schloss ich aus diesem Vers, dass ich wirklich zum Missionar berufen sei.

Der Versuch, mit Eigenleistung die Errettung zu erlangen

1956 verliess ich meine Familie und meine Freunde und trat in den Dominikanerorden ein. Acht Jahre lang lernte ich alles, was für einen Mönch wichtig ist: die Traditionen der Kirche, Philosophie, Theologie nach Thomas von Aquin, und auch ein wenig Bibelwissen aus römisch-katholischer Sicht. Das wenige, was ich an persönlichem Glauben hatte, wurde institutionalisiert und in die Rituale des dominikanischen Religionssystems eingebunden. Wollte ich heilig werden, so belehrte man mich, dann musste ich die Gesetze befolgen, sowohl die kirchlichen als auch die des Dominikanerordens. Ich führte mit unserem Ausbildungsverantwortlichen, dem Mönch Ambrose Duffy, viele Gespräche über diese Verknüpfung von Gesetz und Heiligung. Zudem wollte ich weit mehr als nur heilig werden: Ich wollte die Gewissheit,

dass ich meine Ewigkeit bei Gott verbringen würde. Ich lernte auswendig, was Papst Pius XII in seiner Enzyklika ‘Mystici Corporis’ geschrieben hatte: „Das Heil vieler ist abhängig von den Gebeten und freiwilligen Bussübungen der Glieder des geheimnisvollen Leibes Jesu Christi, die sie zu diesem Zweck auf sich nehmen.“

Auch die Botschaften von Fatima und Lourdes stützen die Ansicht, man könne sich die Errettung durch Leiden und Beten erwerben. Wenn ich mir also Leiden zufügte und betete, tat ich dies sowohl für meine eigene Errettung als auch für die Errettung anderer. Im Dominikanerkloster von Tallaght bei Dublin vollbrachte ich, um Menschenseelen zu retten, viele äusserst heldenhafte Taten wie z.B. Kaltduschen mitten im Winter oder die Selbstgeisselung mit einer dünnen Stahlkette. Ambrose Duffy wusste, was ich tat – ja, seine eigene asketische Lebensweise bestärkte die Überzeugung, welche die Worte des Papstes in mir geweckt hatten. Disziplin und Entschlossenheit prägten mein Studieren und Beten, meine Bussübungen und den Versuch, die Zehn Gebote und die vielen dominikanischen Regeln und Traditionen zu befolgen.

Aussen Prunk – innen leer

1963, im Alter von 25 Jahren, wurde ich zum römisch-katholischen Priester geweiht. Um den begonnenen Studiengang über Thomas von Aquin abzuschliessen, reiste ich an das Angelicum nach Rom. Doch dort machte mir der äussere Pomp ebenso zu schaffen wie die innere Leere. Das Bild, das ich mir aufgrund meiner Lektüre über den Heiligen Stuhl und die Heilige Stadt über die Jahre hinweg gemacht hatte, stimmte überhaupt nicht mit dem überein, was ich nun zu sehen bekam. War das wirklich ein und dieselbe Stadt? Am Angelicum stellte ich mit Erschrecken fest, dass Hunderte anderer Studenten, die morgens in die Vorlesungen strömten, gar kein Interesse an Theologie hatten. Einige lasen die Zeitung oder blätterten in Zeitschriften. Andere hörten zwar aufmerksam zu, aber es schien ihnen dabei nur um gute Abschlussdiplome zu gehen, oder darum, in der römisch-katholischen Hierarchie ihrer Heimatländer eine angesehene Position zu erreichen.

Einmal begab ich mich zum Kolosseum. Ich wollte den heiligen Boden unter meinen Füssen spüren, auf dem das Blut so vieler christlicher Märtyrer vergossen worden war. Während ich mich der Arena näherte, versuchte ich jene Männer und Frauen vor mein inneres Auge zu stellen, die Christus so gut kannten und von seiner Liebe so überwältigt waren, dass sie freudig bereit waren, auf dem Scheiterhaufen verbrannt oder von Raubtieren lebendig verschlungen zu werden. Die andächtige Stimmung, in die dieser Spaziergang mich versetzt hatte, wurde bereits beim Warten auf den Bus zurück zur Stadt abrupt zerstört, als spottende Jugendliche mich mit hässlichen Schimpfwörtern beleidigten. Ich spürte, dass sie dies nicht taten, weil ich wie die frühen Christen für Christus eintrat, sondern weil sie mich als Vertreter des römisch-katholischen Systems wahrnahmen. Schnell verdrängte ich diesen Unterschied aus meinem Kopf, aber die Vorstellung von Rom als einer herrlichen Stadt, wie man sie mir beschrieben hatte, war dahin.

Eines Nachts betete ich zwei Stunden vor dem Altar der Kirche San Clemente. Als ich mich dort an den Ruf zum Missionarsleben erinnerte, den ich als Junge verspürt hatte, und an die ‚hundertfache Verheissung’ in Markus 10,29-30, beschloss ich, auf den theologischen Zusatztitel zu verzichten, den ich mit dem Studium der Theologie von Thomas von Aquin angestrebt hatte. Es war keine leichte Entscheidung, aber nach langem Gebet war ich sicher, richtig entschieden zu haben.

Der Priester, unter dessen Anleitung ich meine Diplomarbeit hätte schreiben sollen, wollte meinen Entschluss nicht akzeptieren. Um mir das Erlangen des Titels zu erleichtern, bot er mir eine Diplomarbeit an, die einige Jahre vorher geschrieben worden war. Er sagte, ich könne diese als meine eigene einreichen und müsse nur die mündliche Prüfung darüber ablegen. Das drehte mir den Magen um. Ich empfand dieses Angebot als ebenso sündhaft wie das der eleganten Prostituierten, die ich vor wenigen Wochen mit ihren schwarzen Lederstiefeln in einem Stadtpark herumspazieren sah. Ich hielt an meinem Entschluss fest und verliess die Universität mit einem gewöhnlichen akademischen Abschluss, ohne den speziellen Titel. Nicht lange danach erhielt ich Weisung, als Missionar in die Karibik, nach Trinidad zu gehen.

Hochmut kommt vor dem Fall

Am 1. Oktober 1964 erreichte ich Trinidad, wo ich während der nächsten sieben Jahre als Priester arbeiten sollte. Aus römisch-katholischer Sicht war mein Dienst sehr erfolgreich. Ich erfüllte alle meine Pflichten und viele Menschen kamen zur Messe. Zunehmend arbeitete ich mit der ‚katholisch-charismatischen Erneuerungsbewegung’ zusammen. Während einer Gebetsversammlung im März 1972 sprach ich dem Herrn meinen Dank aus, dass ich ein so guter Priester sei und bat ihn, er möge mich, wenn es sein Wille sei, demütigen, damit ich noch besser werde. Am gleichen Abend stürzte ich eine Treppe hinunter und wurde mit aufgerissenem Hinterkopf und mehrfach gebrochener Wirbelsäule ins Krankenhaus gebracht. Ohne diesen lebensgefährlichen Unfall wäre ich wohl nie aus meinem Zustand der Überheblichkeit herausgekommen.

Jetzt wo ich in meinem Schmerz zu Gott schrie, waren mir vorgegebene, auswendig gelernte Gebete keine Hilfe. In den langen, schmerzvollen Wochen nach dem Unfall merkte ich, wie tröstlich es ist, persönlich und direkt zu Gott zu rufen. Ich legte das Brevier (das offizielle Gebetsbuch der Kirche für die Kleriker) und den Rosenkranz zur Seite und begann stattdessen damit, meine Gebete an Bibeltexten auszurichten. Diese Veränderung geschah nicht von einem Tag auf den anderen. Ich kannte mich in der Bibel nicht aus, und das wenige, was ich in all den Jahren über sie gelernt hatte, hatte mein Vertrauen in sie nicht eben gestärkt. Meine Ausbildung in Philosophie und in der Theologie des Thomas von Aquin half mir nicht weiter. Als ich nun auf meiner Suche nach dem Herrn die Bibel öffnete, war ich so orientierungslos wie einer, der ohne Landkarte einen grossen finsteren Wald betritt.

In der Pfarrei, in die ich gegen Ende jenes Jahres berufen wurde, arbeitete ein Dominikanerpriester, der für mich schon seit langem wie ein Bruder war. Mehr als zwei Jahre konnten wir dann gemeinsam in der Pfarrei Pointe-à-Pierre unsere Arbeit verrichten – wobei wir Gott nach bestem Wissen und Gewissen suchten. Wir lasen, studierten und beteten miteinander, und versuchten, die Lehre der Kirche in die Praxis umzusetzen. In mehreren Dörfern bauten wir Aussenstationen auf. Aus dem Blickwinkel römisch-katholischer Religiosität waren wir sehr erfolgreich. Viele Menschen kamen zur Messe und in vielen Schulen – auch in öffentlichen – konnten wir Katechismusunterricht erteilen.

Ich setzte mein persönliches Bibelstudium fort, aber es hatte nur wenig Auswirkungen auf unsere Arbeit. Dafür wurde mir dadurch klar, wie wenig ich eigentlich über den Herrn und sein Wort wusste. Es war während dieser Zeit, dass der Vers im Philipperbrief 3,10 zu meinem Herzenswunsch wurde: „Ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung…“

Zu jener Zeit hatte die katholisch-charismatische Bewegung grossen Zuwachs und wir brachten sie in fast alle unsere Dörfer hinein. In diesem Zusammenhang kamen auch einige Christen aus Kanada für Schulungen zu uns. Ich lernte viel von ihren Unterweisungen, besonders was das Beten um Heilung anbelangt. Alles was sie sagten, war zwar sehr erfahrungsorientiert, aber für mich doch insofern ein echter Segen, als ich durch sie tieferes Vertrauen in die Autorität der Bibel bekam. Ich begann, Bibelverse miteinander zu vergleichen und, wenn ich eine Bibelstelle zitierte, auch Kapitel und Vers anzugeben.

Einer der Texte, über den die Kanadier sprachen, war Jesaja 53,5:

„…und durch seine Wunden sind wir geheilt worden.“ Als ich das Kapitel eingehend studierte, entdeckte ich, dass die Bibel hier das Problem der Sünde und der stellvertretend getragenen Strafe behandelt. Christus starb an meiner Stelle. Also war es falsch, dass ich versuchte, meine Schuld selber abzubüssen oder mindestens einen Teil der Strafe selber abzuzahlen. „Wenn aber aus Gnade, so ist es nicht mehr um der Werke willen…“ (Römerbrief 11,6). „Wir alle gingen in die Irre wie Schafe, ein jeder wandte sich auf seinen Weg; aber der HERR warf unser aller Schuld auf ihn“ (Jesaja 53,6).

Ganz besonders machte mir die folgende Sünde zu schaffen: Ich wurde schnell ärgerlich im Umgang mit Menschen, manchmal schrie ich sie sogar an. Wenn ich auch um Vergebung für mein Fehlverhalten bat, so war mir doch noch nicht bewusst, dass ich von Natur aus ein Sünder bin – und als Erbe Adams die Sünde in mir trage. Die biblische Wahrheit ist die: „Wie geschrieben steht: Es ist keiner gerecht, auch nicht einer“ und: „alle haben gesündigt und verfehlen die Herrlichkeit Gottes“ (Römerbrief 3,10+23). Die katholische Kirche dagegen hatte mich gelehrt, die Verdorbenheit des Menschen – auch ‚Erbsünde’ genannt – sei bei meiner Taufe als Säugling weggewaschen worden. In meinem Kopf hielt ich noch immer an dieser Auffassung fest, aber in meinem Herzen wusste ich ganz genau, dass meine verdorbene Natur noch nicht von Christus besiegt worden war. So schrie ich weiterhin innerlich danach, „Ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung…“ (Philipperbrief 3,10).

Ich wusste, dass ich ohne Seine Kraft nicht als Christ leben konnte. Und so heftete ich diesen Vers an das Armaturenbrett meines Autos und auch an mehrere andere gut sichtbare Stellen. Die Sehnsucht, Christus zu erkennen, gab mir Antrieb, und Er, der treue Gott, liess mich Antwort finden.

Die Autorität der Heiligen Schrift

Als erstes entdeckte ich, dass Gottes Wort, die Bibel, vollkommen und unfehlbar ist. Man hatte mir beigebracht, dass die Bibel relativ und ihr Wahrheitsgehalt in vielen Bereichen fragwürdig sei. Nun aber wurde mir klar, dass man der Bibel wirklich vertrauen konnte. Mit Hilfe einer Konkordanz suchte ich heraus, was die Bibel über sich selber sagt. Ich entdeckte, dass die Bibel eindeutig lehrt, dass sie göttlichen Ursprungs ist und dass ihre Aussagen absolute Gültigkeit besitzen. Sie ist ohne jeglichen Irrtum und vollkommen zuverlässig hinsichtlich ihrer Geschichtsschreibung, ihrer gottgegebenen Verheissungen, ihrer Prophezeiungen, ihrer moralischen Gebote, und ihrer Belehrungen über das Leben als Christ. „Die ganze Schrift ist von Gottes Geist eingegeben und nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes ganz zubereitet sei, zu jedem guten Werk völlig ausgerüstet“ (2.Timotheusbrief 3,16-17).

Diese Entdeckung machte ich während einer Reise nach Vancouver (Kanada) und Seattle. Als ich in Seattle gebeten wurde, zu der Gebetsgruppe in der katholischen St. Stephans Kirche zu sprechen, wählte ich als Thema die uneingeschränkte Autorität des Wortes Gottes. Es war das erste Mal, dass ich diese Wahrheit verstand und darüber sprach. Bei meiner Rückkehr nach Vancouver hielt ich in einer grossen Pfarrei vor etwa vierhundert Menschen die gleiche Predigt. Mit der Bibel in der Hand stand ich vor diesen Menschen und erklärte: Die Bibel, Gottes Wort ist die uneingeschränkte und letztgültige Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Moral.

Drei Tage später rief mich der Erzbischof von Vancouver, James Carney, in sein Büro. Ich bekam ein kirchenamtliches Redeverbot, durfte also in seiner Erzdiözese nicht mehr predigen. Nur dank dem Empfehlungsbrief, den mir Anthony Pantin, der für mich zuständige Erzbischof, ausgestellt hatte, fiel die Strafe nicht noch höher aus. Bald darauf kehrte ich nach Trinidad zurück.

Wer hat recht: die Kirche oder die Bibel?

Als ich noch Priester in der Pfarrei von Pointe-à-Pierre war, wurde Ambrose Duffy, mein ehemaliger strenger Studentenaufseher, angefragt, mich zu unterstützen. Die Zeiten hatten sich geändert. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten wurden wir enge Freunde. Ich erzählte ihm von meinen Entdeckungen. Mit grossem Interesse und dem Willen, meine Beweggründe zu verstehen, hörte er mir zu und gab seine Kommentare. Ich sah ihn als Verbindungsperson zu meinen dominikanischen Brüdern und sogar zum Haus des Erzbischofs. Als Ambrose unerwartet an einem Herzinfarkt starb, erfüllte mich dies mit tiefem Schmerz. Ich hatte ihm zugetraut, mir helfen zu können, das grosse Dilemma zu lösen, in dem ich mich befand. Ihn hatte ich für fähig gehalten, zuerst mit mir, und dann mit meinen dominikanischen Brüdern die Fragen zu klären, mit denen ich mich so intensiv auseinandersetzte. Ich predigte an seinem Begräbnis, voll tiefer Verzweiflung.

Noch immer betete ich darum, „Ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung…“. Bevor ich jedoch mehr von Christus erkennen konnte, musste ich mich zuerst einmal selbst als Sünder erkennen. Die Stelle im 1.Timotheusbrief 2,5 machte mir deutlich, dass die Vermittlerrolle, die ich als Priester hatte, nicht schriftgemäss war. Sie entsprach zwar genau der Lehre der römisch-katholischen Kirche, widersprach aber diametral dem, was die Bibel lehrt. Ich genoss es förmlich, wie die Leute zu mir hinaufschauten und mich in einem gewissen Sinn vergötterten. Ich rechtfertigte meine Sünde mit der Überlegung, dass es ja die grösste Kirche der Welt war, die dies lehrte, und ich es deshalb nicht zu hinterfragen brauchte. Und doch tobte der Kampf in mir weiter. Nach und nach erkannte ich, dass es Sünde ist, Maria, die Heiligen und die Priester zu verehren. Ich wurde bereit, auf Maria und die Heiligen als Vermittler zu verzichten, aber das Priesteramt konnte ich nicht aufgeben, denn in dieses hatte ich ja mein ganzes Leben investiert.

Jahrelanges Tauziehen

Maria, die Heiligen, und das Priesteramt waren nur ein geringer Teil des enormen Kampfes, den ich auszufechten hatte. Wer war der Herr meines Lebens: Jesus Christus in seinem Wort oder die römische Kirche? Diese Frage wütete vor allem während der letzten sechs Jahre in mir, in denen ich Priester der Pfarrei Sangre Grande war (1979-1985). Dass die römisch-katholische Kirche in allen Fragen des Glaubens und der Moral die höchste Instanz sei, war mir von Kindheit an tief eingeprägt worden. Es schien unmöglich, dass ich je etwas anderes denken könnte. Die Kirche Roms war nicht nur die höchste Instanz, sondern man nannte sie auch die ‚Heilige Mutter‘. Wie könnte ich mich je gegen die ‚Heilige Mutter‘ stellen, ich, der ich ihr offizieller Diener war, ihre Sakramente austeilte und die Menschen dazu anhielt, ihr treu ergeben zu sein?

1981, während eines Pfarrei-Erneuerungsseminars in New Orleans, weihte ich mich ganz neu dem Dienst in der römisch-katholischen Kirche. Aber als ich nach Trinidad zurückkehrte und wieder mit Alltags problemen konfrontiert war, wandte ich mich erneut der Bibel als der höchsten Autorität zu. Schliesslich wurde aus meiner inneren Anspannung ein erbittertes Tauziehen. Manchmal hielt ich die römische Kirche für die oberste Autorität, dann wieder meinte ich, die Autorität der Bibel sei das Letztgültige. Ich litt in diesen Jahren nicht nur seelisch, sondern hatte auch massive Magenprobleme. Ich hätte eigentlich wissen sollen, dass es unmöglich ist, zwei Herren zu dienen.

Mein Amt erforderte, dass ich die absolute Autorität des Wortes Gottes unter die höchste Autorität der römischen Kirche stellte. Die Unvereinbarkeit von beidem wird am Beispiel der vier Statuen der Kirche von Sangre Grande deutlich. Die Statuen des Heiligen Franziskus und des Heiligen Martin entfernte und zerstörte ich, weil das zweite Gebot von Gottes Gesetz sagt: „Du sollst dir kein Bildnis machen“ (2.Mose 20,4). Als ich jedoch auch noch die Marienund die Heilig-Herz-Statue entfernen wollte, erhob sich Protest, was zur Folge hatte, dass ich die beiden Figuren stehen liess, sagt doch die höhere Autorität, d.h. die römisch-katholische Kirche in ihrem Gesetz: „Der Brauch, in Kirchen heilige Bilder für die Verehrung durch die Gläubigen anzubringen, ist beizubehalten“ (Can. 1188, Codex des kanonischen Rechtes). Ich merkte nicht, dass ich damit Menschengebote über das Wort Gottes stellte.

Selber schuld

Obwohl ich bereits gelernt hatte, dass Gottes Wort absolute Gültigkeit hat, versuchte ich immer noch krampfhaft daran festzuhalten, dass die Autorität der römisch-katholischen Kirche über derjenigen von Gottes Wort steht, sogar in den Bereichen, wo die Kirche Roms das genaue Gegenteil von dem sagte, was in der Bibel stand. Warum dauerte dieser Kampf bei mir so lange? Der erste Grund lag bei mir selber. Wenn ich nämlich eingestanden hätte, dass die Bibel die höchste Autorität ist, hätte ich auch zugeben müssen, dass meine priesterliche Mittlerrolle im Licht dieser Autorität nicht bestehen konnte. Diese mir wertvolle Stellung wollte ich jedoch nicht aufgeben.

Zweitens hatte noch nie jemand meine priesterlichen Aktivitäten in Frage gestellt. Christen aus Übersee kamen bei uns zur Messe, sahen unser heiliges Öl, das Weihwasser, die Medaillen, Statuen, Gewänder, Rituale, und äusserten nie ein kritisches Wort darüber! Der feierliche Gottesdienstverlauf, die Symbole, die Musik und der künstlerische Geschmack der römischen Kirche hatten sie bezaubert. Weihrauch riecht nicht nur stark, sondern zieht auch den Verstand in einen geheimnisvollen Bann.

Der Augenblick der Umkehr

In all den 22 Jahren meines Priesterlebens forderte mich nur ein einziges Mal ein wahrer Christ heraus. Es war eine Frau, und sie sagte eines Tages zu mir: „Ihr Katholiken habt eine äussere Form von Frömmigkeit, aber ihr verleugnet die Kraft, die aus dem Glauben an Gott kommt.“ Diese Worte beunruhigten mich recht lange, denn ich hing an den Lichtern, Fahnen, der volksnahen Musik, den Gitarren und Trommeln. Und vermutlich hatte kein anderer Priester auf der ganzen Insel Trinidad so farbenfrohe Amtskleider, Umhänge und Gewänder wie ich. Es war offensichtlich, dass ich nicht umsetzte, was ich erkannt hatte.

Im Oktober 1985 siegte Gottes Gnade über die Lüge, die ich zu leben versuchte. Ich war nach Barbados gegangen, um wegen des Kompromisses zu beten, zu dem ich mich selber gezwungen hatte. Ich fühlte mich wie in einer Falle: Das Wort Gottes war wirklich absolut, ihm allein sollte ich gehorchen – aber vor dem gleichen Gott hatte ich auch das Gelübde des Gehorsams gegenüber der höchsten Autorität der römisch-katholischen Kirche abgegeben. In Barbados las ich ein Buch, das die biblische Bedeutung der Kirche als ‚Gemeinschaft der Gläubigen’ aufzeigt. Im Neuen Testament gibt es keine Hinweise auf eine kirchliche Hierarchie. Es gibt dort keinen Klerus, der über die Laien herrscht. Vielmehr erklärte der Herr selbst:

„Denn einer ist euer Meister, der Christus; ihr aber seid alle Brüder“ (Matthäusevangelium 23,8b).

Als ich nun sah und verstand, dass der Sinn von ‚Kirche‘ die Gemeinschaft von gläubigen Menschen ist, hatte ich die Freiheit, die römisch-katholische Kirche als höchste Autorität loszulassen und mich Jesus Christus als meinem Herrn anzuvertrauen.

Ausserdem wurde mir nach und nach klar, dass die Bischöfe, die ich in der römisch-katholischen Kirche kannte, im biblischen Sinn gar keine Gläubigen waren. Die meisten von ihnen waren zwar fromme Männer voll treuer Hingabe an Rom, Maria und den Rosenkranz, aber keinem von ihnen war bewusst, dass das Errettungswerk durch Christus vollendet ist und dass diese vollbrachte Errettung persönlich angenommen werden muss. Sie alle predigten, dass man Sünde abbüssen, Leiden auf sich nehmen und religiöse Werke verrichten müsse. Sie verkündigten menschliche Wege und Gedanken anstatt das Evangelium der Gnade.

Es war durch Gottes Erbarmen, dass ich erkennen durfte, dass der Mensch weder durch die Kirche noch durch irgendeine Art von Werken errettet wird, „denn aus Gnade seid ihr gerettet durch den Glauben, und das nicht aus euch – Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme“ (Epheserbrief 2,8-9).

Mit 48 Jahren von neuem geboren

Als mir klar wurde, dass ich nicht gleichzeitig als Christ leben und den römisch-katholischen Lehren treu bleiben konnte, trat ich aus der römisch-katholischen Kirche aus. Im November 1985 verliess ich Trinidad und begab mich zunächst nur auf die Nachbarinsel Barbados, wo ich bei einem älteren Ehepaar wohnen konnte. Ich betete zum Herrn um die nötige Kleidung und das Geld für die Weiterreise nach Kanada. Meine Kleidung war nur für tropisches Klima geeignet, und ich hatte nur einige hundert Dollar an eigenem Geld. Beide Bitten wurden erhört, ohne dass ich auch nur einem Menschen von meinen Bedürfnissen erzählte.

Aus der tropischen Hitze landete ich im schneeund eisbedeckten Kanada. Ich verbrachte einen Monat in Vancouver und zog dann in die Vereinigten Staaten von Amerika. Ich vertraute darauf, dass der Herr für meine vielen Bedürfnisse sorgen würde, musste ich doch als 48jähriger Mann wieder bei Null anfangen, beinahe ohne Geld, ohne Aufenthaltsgenehmigung, ohne gültigen Fahrausweis, ohne irgendein Arbeitszeugnis oder Referenzschreiben. Ich hatte nur den Herrn und sein Wort.

Sechs Monate verbrachte ich bei einem gläubigen Ehepaar auf einer Farm im US-Staat Washington. Ich erzählte meinen Gastgebern, dass ich die römisch-katholische Kirche verlassen und Jesus Christus und sein Wort in der Bibel als ganz und gar ausreichend angenommen hatte, und zwar mit völliger Überzeugung und Entschlossenheit, endgültig und unter allen Umständen. Aber diese feierliche Beteuerung genügte ihnen nicht. Sie wollten wissen, ob ich noch Bitterkeit oder Verletzungen in mir trug. Mit viel Gebet und Mitgefühl nahmen sie sich meiner an, denn sie waren selbst aus der katholischen Kirche ausgetreten und waren sich dessen bewusst, wie schnell sich Verbitterung einschleichen kann.

Vier Tage nach meiner Ankunft bei dieser Familie begann die Frucht der Errettung bei mir sichtbar zu werden, nämlich in Form einer bussfertigen Haltung. Das bedeutete, dass ich nicht nur fähig war, den Herrn um Vergebung zu bitten für die vielen Jahre, in denen ich ihn durch meine Kompromisse entehrt hatte, sondern auch, dass ich seine Heilung für all die tiefen seelischen Verletzungen annehmen konnte, die ich im Lauf der Jahre erlitten hatte. Endlich, im Alter von 48 Jahren, setzte ich mein Vertrauen allein auf den stellvertretenden Tod Christi, allein aufgrund der Autorität von Gottes Wort, allein aus Gnade. Ihm allein sei die Ehre dafür.

Nachdem ich durch dieses Ehepaar und ihre Familie körperliche und geistliche Wiederherstellung erfahren hatte, schenkte mir der Herr mit Lynn eine wundervolle, aus Glauben wiedergeborene Frau, intelligent und von lieblichem Auftreten. Zusammen zogen wir nach Atlanta, Georgia, wo wir beide eine Stelle fanden.

Ein echter Missionar mit einer echten Botschaft

Im September 1988 verliessen wir Atlanta und zogen als Missionare nach Asien. Es war ein Jahr grosser Fruchtbarkeit für den Herrn, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Männer und Frauen erkannten die Autorität der Bibel und die Kraft des Todes und der Auferstehung Christi. Ich war sehr erstaunt, wie segenbringend die Gnade des Herrn wirken kann, wenn man nur anhand der Bibel Jesus Christus verkündigt. Welch ein Kontrast zu den unzähligen kirchlichen Traditionen, welche die 21 Jahre meines katholischen Missionsdienstes in Trinidad verfinstert hatten. 21 Jahre ohne die echte unverfälschte Botschaft!

Keine anderen Worte als diejenigen im Römerbrief 8,1-2 können das überfliessende Leben besser beschreiben, von dem Jesus gesprochen hat und das ich jetzt geniesse: „So gibt es nun keine Verdammnis mehr für die, welche in Christus Jesus sind, die nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist. Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.“ Ich war nicht nur von der römisch-katholischen Kirche befreit, sondern in Christus zu einer neuen Schöpfung geworden. Es ist der Gnade Gottes zu verdanken, ausschliesslich seiner Gnade, dass ich von den toten Werken weg und hin zu einem neuen Leben gefunden habe.

Zeuge des Evangeliums der Gnade

Die Christen, die mich im Jahr 1972 darauf aufmerksam gemacht hatten, dass der Herr unseren Körper heilen kann, hätten mir noch sehr viel mehr geholfen, wenn sie mir erklärt hätten, auf welcher Grundlage sündige Menschen mit Gott ins Reine kommen können. Die Bibel zeigt unmissverständlich, dass dies einzig und allein möglich ist, weil stellvertretend Jesus am Kreuz für uns starb. Ich kann es nicht besser ausdrücken als mit den Worten von Jesaja 53,5: „Doch er wurde um unserer Übertretungen willen durchbohrt, wegen unserer Missetaten zerschlagen; die Strafe lag auf ihm, damit wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt worden.“ Das bedeutet, dass Christus das, was ich als Strafe für meine Sünden hätte erleiden müssen, anstelle von mir erlitten hat. Wenn ich auf Jesus als meinen Stellvertreter vertraue, dann kann ich vor dem himmlischen Vater bestehen. Dies hat Jesaja bereits 750 Jahre vor der Kreuzigung unseres Herrn geschrieben. Und bald nach dem Kreuz bestätigt Petrus: „Er hat unsere Sünden selbst an seinem Leib getragen auf dem Holz, damit wir, den Sünden gestorben, der Gerechtigkeit leben mögen; durch seine Wunden seid ihr heil geworden“ (1.Petrusbrief 2,24). Weil wir unsere sündige Natur von Adam erbten, haben wir alle gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verfehlt. Wie ist es möglich – ausser durch Christus – dass wir vor einem heiligen Gott stehen und bekennen können, dass Er dort starb, wo wir hätten sterben sollen? Allein durch den Glauben können wir erfassen, dass Christus unser Stellvertreter geworden ist – dass er die Strafe für unsere Sünden an unserer Statt getragen hat. Er, der Sündlose, wurde für mich, den Sünder gekreuzigt. Das ist das wahre Evangelium, die frohe Botschaft.

Doch genügt es wirklich, einfach nur zu glauben? Ja, echter Glaube genügt. Und echter, gottgewirkter Glaube wird auch Früchte zeigen:

„Denn wir sind sein Werk, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen“ (Epheserbrief 2,10).

Busse tun bedeutet, dass wir uns – in der Kraft Gottes – von unserem früheren Lebenswandel und unseren Sünden abwenden. Es heisst nicht etwa, dass wir nicht mehr zur Sünde fähig wären, sondern, dass unsere Stellung vor Gott eine andere geworden ist. Wir sind durch den Glauben zu Kindern Gottes geworden. Wenn wir erneut sündigen, so ist das ein Problem, das zwar die Beziehung zu unserem Vater trübt, das jedoch gelöst werden kann. Durch dieses Problem können wir unsere Stellung als Kinder Gottes nicht verlieren, denn diese Stellung, in die wir durch Christus versetzt worden sind, ist unveränderlich.

Im Hebräerbrief, Kapitel 10, Vers 10, heisst es in der Bibel so wunderbar: „Aufgrund dieses Willens sind wir ein für allemal geheiligt durch die Opferung des Leibes Jesu Christi.“ Das vollendete Werk des Herrn Jesus Christus am Kreuz ist voll und ganz ausreichend. Wenn du dein ganzes Vertrauen einzig und allein auf dieses ein für allemal vollbrachte Werk setzt, wird etwas ganz Neues in dir beginnen, ein neues, vom Geist Gottes gezeugtes Leben. Dann wirst du von neuem – aus Gott – geboren werden.

Heute

Die „guten Werke, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen“ bedeuten in meinem Fall, dass ich als Evangelist tätig bin. Ich lebe in der Nähe von Austin, im US-Bundesstaat Texas.

Was Paulus im Römerbrief 10,1+2 über seine jüdischen Volksgenossen schreibt, sage ich über meine katholischen Mitmenschen, die ich von Herzen liebe: „Der Wunsch meines Herzens und mein Flehen zu Gott … ist, dass sie gerettet werden. Denn ich gebe ihnen das Zeugnis, dass sie Eifer für Gott haben, aber nicht nach der rechten Erkenntnis.“ Ihre Erkenntnis basiert nicht auf dem Wort Gottes, sondern auf der kirchlichen Tradition. Wenn man die Hingabe und Dringlichkeit sieht, mit welcher einige unserer Mönche und Nonnen in den Philippinen und in Südamerika ihre Religion ausleben, dann kann man den Aufschrei meines Herzens verstehen: „Herr, gib uns Verständnis und Mitgefühl dafür, wie gross die Leiden und Qualen sind, die unsere Mönche und Nonnen auf sich nehmen, um dir zu gefallen.“ Wenn wir den Schmerz in den Herzen der Katholiken verstehen, werden wir den Wunsch haben, ihnen die frohe Botschaft zu bringen, dass Christus am Kreuz bereits alles vollendet hat.

Mein Zeugnis zeigt, wie schwierig es für mich als Katholik war, die kirchliche Tradition aufzugeben. Aber wenn der Herr es in seinem Wort verlangt, dann müssen wir es auch tun. Die ‚äussere Form der Gottseligkeit’ der römisch-katholischen Kirche macht es einem Katholiken äusserst schwer, das eigentliche Problem zu erkennen. Jeder Mensch muss sich darüber klar werden, aufgrund welcher Autorität wir wissen können, was Wahrheit ist. Rom stellt den Anspruch, dass die Wahrheit nur unter der kirchlichen Autorität definiert werden kann. Im Codex des kanonischen Rechts, herausgegeben im Jahr 1983 unter Papst Johannes Paul II steht in Can 212, §1: „Was die geistlichen Hirten in Stellvertretung Christi als Lehrer des Glaubens erklären oder als Leiter der Kirche bestimmen, haben die Gläubigen im Bewusstsein ihrer eigenen Verantwortung in christlichem Gehorsam zu befolgen.“ (Man bedenke, dass dieser Text nach dem 2. Vatikanischen Konzil herausgegeben wurde.)

Die Bibel jedoch bezeugt, dass Gottes Wort selbst die Autorität ist, welche sagt, was wahr ist und was nicht. Angesichts unzähliger menschgemachter Traditionen forderten die Reformatoren zur Umkehr auf:

„Allein die Schrift, allein durch Glauben, allein aus Gnade, allein in Christus, und Gott allein alle Ehre.“

Warum ich dies alles schreibe

Ich teile diese Wahrheiten mit dir, damit es dir möglich ist, Gottes Weg der Errettung zu erkennen. Mein Hauptfehler als Katholik war der, dass ich meinte, irgendwie aus eigener Kraft auf die Hilfe antworten zu können, die Gott uns anbietet, um vor ihm gerecht zu sein. Dieser Irrtum, dem viele von uns jahrelang verfallen waren, wird im Katechismus der Katholischen Kirche (1994), §2021 treffend definiert: „Die Gnade ist die Hilfe, die Gott uns gewährt, um unserer Berufung zu entsprechen, seine Adoptivkinder zu werden…“

Mit dieser Voraussetzung im Hinterkopf hielt ich, ohne es zu wissen, an einer Lehre fest, welche die Bibel immer wieder verurteilt. Eine solche Definition der Gnade ist nichts weiter als klug ausgedachtes Menschenwerk. Die einheitliche Aussage der Bibel dagegen lautet, dass die Rechtfertigung eines Menschen vor Gott „ohne Werke“ geschieht (Römerbrief 4,6), „ohne Werke des Gesetzes“ (Römerbrief 3,28), „nicht aus euch – Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken…“ (Epheserbrief 2,8-9).

Wer die Gnade zu einem ‚Hilfsmittel’ degradiert, das den Menschen befähigt, seinen Teil zur Errettung beizutragen, verleugnet die augenfällige biblische Wahrheit: „Wenn aber aus Gnade, so ist es nicht mehr um der Werke willen, sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade…“ (Römerbrief 11,6). Die einfache biblische Botschaft ist die, dass „die Gabe der Gerechtigkeit“ eine freie Gabe, ein Geschenk des Herrn Jesus Christus ist, das allein in seinem voll und ganz ausreichenden Opfer am Kreuz begründet ist. „Denn wenn infolge der Übertretung des Einen der Tod zur Herrschaft kam durch den Einen, wieviel mehr werden die, welche den Überfluss der Gnade und das Geschenk der Gerechtigkeit empfangen, im Leben herrschen durch den Einen, Jesus Christus!“ (Römerbrief 5,17). Wie Christus Jesus selbst sagte, starb Er, der Eine und gab sein Leben als Lösegeld für viele (Markusevangelium 10,45). Ebenso sagte er: „Das ist mein Blut, das des neuen Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ (Matthäusevangelium 26,28). Und Petrus bezeugt: „Denn auch Christus hat einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er uns zu Gott führte…“ (1.Petrusbrief 3,18). Die Predigt des Paulus lässt sich mit den folgenden Worten zusammenfassen: „Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden“ (2.Korintherbrief 5,21). Diese Wahrheit, lieber Leser, wird dir in der Bibel in einleuchtender Weise dargelegt. Alles, wozu Gott die Menschen nun aufruft, ist: „Tut Busse und glaubt an das Evangelium!“ (Markusevangelium 1,15; vergleiche auch mit Apostelgeschichte 17,30!)

Das allerschwierigste für Katholiken, die wie ich die Religiosität sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen haben, ist die vollkommene Abwendung (Busse) von den eigenen Verdiensten. Unser ganzes Denken war geprägt vom ‚Verdienen’, ‚Beitragen’, und der Frage „Bin ich gut genug?“ Das Geschenk der Gerechtigkeit in Christus Jesus können wir jedoch nur mit leeren Händen annehmen.

Wer Gottes Gnadengeschenk abweist, begeht die gleiche Sünde, wie die religiösen Juden zur Zeit des Paulus: „Denn weil sie die Gerechtigkeit Gottes nicht erkennen und ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten trachten, haben sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterworfen“ (Römerbrief 10,3).

Tut Busse und glaubt an das Evangelium!


Richard Bennett lebt mit seiner Frau Lynn in Del Valle, Texas, USA. Er unternimmt viele Vortragsreisen innerhalb und ausserhalb der USA und betreut auch die Website www.bereanbeacon.org, die in verschiedenen Sprachen Texte und Audio-/Videomaterial über den Unterschied zwischen der römisch-katholischen Kirche und der Botschaft der Bibel anbietet. Richard Bennetts grösster Wunsch ist es, noch viele andere Menschen, speziell Katholiken und ganz speziell Priester, zu seinem Herrn und Erlöser Jesus Christus zu führen.

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