Thomas Connellan

Als ich dreizehn Jahre alt war, wurde ich aus meinem glücklichen Elternhaus im Westen Irlands herausgenommen und der Obhut einer religiösen Gemeinschaft im Nachbarort Sligo übergeben. Meine Eltern hatten mich für das Priesteramt bestimmt. Die Mitglieder jener Gemeinschaft unterstanden den üblichen drei Gelübden der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams. Sie waren aus Frankreich gekommen und sahen ihren Auftrag vor allem in der Förderung armer Kinder. Drei Jahre verbrachte ich mit diesen Mönchen. Im Rückblick kann ich nur sagen, es war eine glückliche Zeit.

Vorbereitung auf das Priesteramt

Die ersten drei Jahre der Mittelschule absolvierte ich in einem Institut der Diözese in Athlone, dann kam ich nach Maynooth in eine Schule, die ganz auf die Vorbereitung zukünftiger Priester ausgerichtet war. Dort war ich von der Welt so abgeschottet, wie wenn ich in einem unterirdischen Bunker gelebt hätte. Die Atmosphäre in Maynooth war von einem finsteren, sklavischen Geist geprägt. Jeder unabhängige Gedanke, jede eigenständige Handlung wurde gebremst, missbilligt und denunziert.

Am 20. Juni 1880 wurde ich römisch-katholischer Priester. Zuerst schickte man mich in eine Pfarrei in Strokestown, dann wurde ich zum neuen Amtssitz meines Bischofs nach Sligo versetzt, wo ich vier Jahre zum Pfarrei-Team gehörte, und schliesslich bekam ich eine Aufgabe in Rosecommon zugewiesen. 

Wie ein Galeerensklave

Es war im Jahr 1887, als mein Bischof mir den Auftrag gab, am Ostersonntag in der Kathedrale über die ‚Transsubstantiation’ zu predigen. Die Beschäftigung mit diesem Thema löste eine grosse Niedergeschlagenheit und viele nagende Zweifel aus. Ich erkannte schon damals, dass ich mich von Rom verabschieden musste, ich steckte jedoch in einem verzwickten Dilemma. Meine Eltern lebten noch; meine Schwestern und Brüder, aus deren Mitte ich zum Priesteramt ausgesondert worden war, sahen zu mir als zu einem höheren Wesen auf und ich hatte viele Freunde, gute, ehrliche, wertvolle Freunde, deren Anerkennung mir viel bedeutete.

Ich sah unter diesen Umständen keine Möglichkeit auszubrechen und fühlte mich so elend wie ein Sklave an den Rudern eines Galeerenschiffes. Da war ich nun, erfüllte meine Pflicht und wusste, dass alles nur Heuchelei und Lüge war. Ich sehnte mich nach Befreiung und Frieden, doch die Rücksicht gegenüber meinen Lieben kettete mich an dieses Sklavenschiff.

Etwa neun Monate vor meinem Abschied von der römisch-katholischen Kirche wurde ich nach Athlone versetzt. Durch diese Stadt fliesst der längste Fluss Irlands, der Shannon. Etwas nördlich von Athlone befindet sich Lough Ree, ein weitverzweigter, romantischer See. Dorthin zog ich mich oft zurück, um meine Probleme zu vergessen. Mein geistlicher Zustand war zu jener Zeit sehr bedenklich, ich konnte kaum noch essen und schlafen. Das einzige, was mich noch aufrecht hielt, war die Hoffnung auf baldige Befreiung.

Als wäre ich ertrunken

Schliesslich dachte ich mir einen genialen Plan aus. Ich würde mit einem kleinen Bündel Kleider über den See rudern und sie am Ufer verstecken. Zurück auf dem See würde ich meinen Priestermantel ausziehen und im Boot liegen lassen, dann ans Ufer schwimmen, die neuen Kleider anziehen und verschwinden. Die Sache gelang wie beabsichtigt. Im ‚Rosecommon Messenger’ und anderen Zeitschriften erschienen grosse Todesanzeigen; gemeinsam setzten die Stadtregierung, der Gemeinderat und die Polizei ein würdiges Zeichen zum Gedenken an den ertrunkenen Priester; und der Verantwortliche der Diözese schrieb meinem Vater einen herzlichen Beileidsbrief. Nachdem meinem Tod so viel öffentliche Aufmerksamkeit gewidmet worden war, bestand keine Gefahr mehr, dass mich jemand erkannte.

Ich aber war als freier Mensch entkommen. Mit dem Zug war ich nach Dublin gefahren, wo ich seit Monaten wieder einmal ruhig schlafen konnte. Dann setzte ich nach England über und tauchte wenige Stunden später am Londoner Bahnhof Euston in ein Gewimmel von fünf Millionen Menschen ein. Ich kannte niemanden und niemand kannte mich.

Nach wenigen Tagen erhielt ich bei einer Wochenzeitung die Position des stellvertretenden Personalchefs. Nun hatte ich nur noch eine Sehnsucht: echte Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott.

Gottes Güte über mir

Durch Gottes Gnade lernte ich W. Webb-Peploe kennen, einen demütigen Diener Gottes, durch den ich erfuhr, was echter christlicher Glaube ist. Ich fand Errettung im Herrn Jesus Christus und erfasste, dass ich mich seiner Botschaft nicht zu schämen brauchte. Nun kann ich mit Paulus sagen: „Denn ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist Gottes Kraft zur Errettung für jeden, der glaubt, zuerst für den Juden, dann auch für den Griechen; denn es wird darin geoffenbart die Gerechtigkeit Gottes aus Glauben zum Glauben, wie geschrieben steht: ‚Der Gerechte wird aus Glauben leben’“ (Römerbrief 1,16-17). „Also: wie es nun durch die Übertretung des Einen zur Verurteilung für alle Menschen kam, so kommt es auch durch die gerechte Tat des Einen für alle Menschen zur lebenbringenden Rechtfertigung“ (Römerbrief 5,18).

Ich begann, eine Zeitschrift mit dem Titel ‚Der Katholik’ herauszugeben, welche eine grosse Verbreitung fand. Auch schrieb ich das Buch

‚Hear the Other Side’ (Höre die andere Seite) sowie einige Traktate. Mein leiblicher Bruder Joseph bekehrte sich auch zum Herrn Jesus Christus. Gemeinsam führen wir von unserer Dubliner Missionsbasis aus an Wochentagen Bibelstunden durch, mit dem Ziel, verlorene römisch-katholische Menschen zu erreichen, dass auch sie errettet werden und von der Finsternis zum Licht, von der Gewalt Satans zu Gott finden.

Kein Mensch ist davor gefeit, verführt zu werden. Doch nur ein Tor verharrt in dem, was er als Irrtum erkannt hat.

„Denn du bist nicht ein Gott, dem Gesetzlosigkeit gefällt; wer böse ist, darf nicht bei dir wohnen. Die Prahler bestehen nicht vor deinen Augen; du hasst alle Übeltäter. Du vertilgst die Lügner; den Blutgierigen und Falschen verabscheut der HERR. Ich aber darf durch deine grosse Gnade eingehen in dein Haus; ich will anbeten, zu deinem heiligen Tempel gewandt, in Ehrfurcht vor dir“ (Psalm 5,5-8).


Thomas Connellan liess seine Eltern bald den wirklichen Grund seines Verschwindens wissen und kehrte später als Verkündiger des wahren Evangeliums nach Athlone zurück. Im Januar 1917 ist er zu seinem Herrn heimgegangen, geliebt von vielen, die durch ihn die biblische Heilsbotschaft gehört hatten. Einige zusätzliche Informationen über ihn findet man in dem Buch ‚Why 854 Priests Left the Church of Rome’ [Was 854 Priester dazu veranlasst hat, aus der römisch-katholischen Kirche auszutreten] von Albert Close. Eine Kopie der entsprechenden Seiten kann bei der Kontaktadresse Schweiz (siehe S. 10) angefordert werden.

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